Schuldgefühle nach der Trennung: Maries Weg zur Selbstfindung
Lass mich von einem immer wiederkehrenden Fall berichten, mit dem Klientinnen zu mir kommen. Nennen wir die Klientin in diesem Fall Marie. Marie hatte sich vor einem Jahr von ihrem Freund getrennt. Eigentlich liebten sie sich, sie lebten zusammen und hatten auch schon weitere Zukunftspläne. Aber Marie war nicht glücklich. Sie wollte mehr vom Leben, wollte das Kleinstadtleben nicht. Ihr gefiel es auch nicht, dass ihr Freund Drogen konsumierte und unter der Woche immer nur schlecht gelaunt war, während er die Wochenenden durchfeierte. Auch sein schlechter Umgang mit Geld störte sie. Trotz vieler Gespräche änderte sich nichts.
Herausforderung: Warum Marie sich trotz neuer Freiheit unsicher fühlte
Marie wagte den Sprung und beendete die Beziehung. Kurz darauf zog sie nach Berlin und begann ein neues Leben. Sie fand eine Arbeitsstelle, die ihr Spaß machte, fand neue Freunde und genoss das Berliner Nachtleben. Alles schien perfekt – zumindest nach außen. Doch innerlich kämpfte sie mit intensiven Schuldgefühlen und Zweifeln. Immer wieder fragte sie sich, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Sie musste oft an ihren Ex-Partner denken, weinte und überlegte, ob sie zu ihm zurückkehren sollte. In anderen Momenten war sie jedoch überzeugt, das Richtige getan zu haben.
Marie versuchte, die Zeit für sich arbeiten zu lassen, im Glauben, dass ein „Trauerjahr“ alles heilen würde, wie es im Volksmund heißt. Sie führte sogar ein Trennungstagebuch, doch auch das half ihr nicht wirklich. Ein Jahr nach der Trennung, geplagt von wiederkehrenden Episoden voller Trauer, entschloss sie sich, meine Hilfe zu suchen.
Coaching-Methoden im Fokus: Wie Ego-State-Arbeit Maries Heilung unterstützte
Um Marie zu unterstützen, führten wir eine Ego-State-Arbeit durch. Diese Methode basiert auf der Annahme, dass die menschliche Psyche aus verschiedenen Persönlichkeitsanteilen besteht, die in unterschiedlichen Kontexten oder aufgrund verschiedener Lebenserfahrungen entstanden sind. Jeder dieser Anteile – oder Ego-States – hat eigene Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen, die auf spezifische Bedürfnisse und Erfahrungen zurückzuführen sind.
In Maries Fall gab es mehrere aktive Ego-States. Zum einen gab es den traurigen Anteil, der mit der Trennung selbst verbunden war und das Gefühl hatte, ihren Ex-Partner im Stich gelassen zu haben. Seine Worte „Lässt du mich jetzt echt alleine?“ klangen immer noch in ihren Ohren nach. Auf der anderen Seite gab es Anteile, die sich erleichtert fühlten und sich nach einem anderen Leben gesehnt hatten.
Um diese Anteile zu visualisieren, schrieben wir sie auf und verteilten sie auf dem Boden im Raum. Das Problem aus dieser Perspektive zu betrachten, half Marie enorm. Sie konnte die unterschiedlichen Gefühle und Zustände direkt gegenüberstellen und erkannte dabei, dass die Erleichterung über die Trennung überwog und dass ihre Entscheidung richtig gewesen war.
Emotionale Blockaden lösen: Maries Weg zur inneren Freiheit
In den folgenden Sitzungen arbeiteten wir mit der Blockadenlösung. Denn auch eine belastende Trennungssituation kann unverarbeitete, negative Gefühle hervorrufen. Aus der Traumaforschung wissen wir, dass unverarbeitete Gefühle keine Zeitachse kennen. Das bedeutet, dass unser emotionales Zentrum – das limbische System – jedes Mal aktiviert wird, wenn eine Erinnerung an die belastende Ursprungssituation auftaucht. Unser Gehirn kann nicht mehr unterscheiden, ob diese Situation in der Vergangenheit oder im Jetzt stattfindet. Deshalb fühlen sich unverarbeitete Erlebnisse so intensiv an, während andere negative Ereignisse lediglich als Erinnerungen gespeichert werden und klar als vergangen erkannt werden.
Maries Trennung war noch nicht verarbeitet. Der Gedanke daran löste viele schmerzhafte Gefühle aus. Sie erinnerte sich daran, wie sie mit dem Koffer in der Hand vor ihm stand. Es war ein Herbsttag, draußen wurde es schon etwas kühler und windiger. Das Fenster war offen, und Marie erinnerte sich genau daran, wie der Wind über ihre Haut wehte, als sie sich beide mit Tränen in den Augen voneinander verabschiedeten – die letzte Umarmung, das letzte Mal seinen Geruch einatmen und seinen Körper spüren.
Gemeinsam gingen wir zurück zu diesem Tag der Trennung. Marie spürte alles mit voller Wucht. Dies war ein wichtiger Teil der nächsten Übung, die ich mit ihr durchführte: die emotionale Blockadenlösung. Während sie diese Situation vor Augen hatte, leitete ich sie durch ihr Erleben und ahmte dabei die REM-Phase (die Traumphase) im Wachzustand nach. Diese Phase hilft dabei, Gefühle zu verarbeiten, ähnlich wie es während des Träumens geschieht. Am Ende der Übung wurde die Erinnerung zu dem, was sie sein sollte – eine Erinnerung. Aber jetzt waren auch schöne Gefühle dabei: Dankbarkeit für die Beziehung und die Liebe, die sie miteinander teilten. Marie empfand sogar den Wunsch, die alte Stadt wieder zu besuchen, nachdem sie eine Reise dorthin immer vermieden hatte. Sie freute sich darauf, ihr Leben in vollen Zügen zu genießen.
Erkenntnisse aus dem Coaching: Maries Transformation nach der Trennung
Nach diesen intensiven Sitzungen fühlte sich Marie nicht nur erleichtert, sondern auch freier. Sie erkannte, dass ihre Schuldgefühle mit unverarbeiteten Emotionen zu tun hatten, die sie durch unsere Arbeit endlich loslassen konnte. Jetzt sieht sie die Trennung nicht mehr als Fehler, sondern als wichtigen Schritt zu ihrer persönlichen Freiheit und Selbstfindung. Sie ist bereit, ihr Leben mit neuen Augen zu betrachten und voller Freude nach vorne zu schauen.
Fazit und Ausblick: Wie Marie ihre Vergangenheit akzeptiert und nach vorne blickt
Marie plant, ihre alte Stadt bald wieder zu besuchen, um dieses Kapitel endgültig zu schließen – nicht als Rückkehr zu etwas, das sie verlassen hat, sondern als bewusste Entscheidung, die Vergangenheit zu würdigen und das Leben zu feiern, das sie heute lebt.