Die 4 Bindungstypen - Bindungsstile anhand der Bindungstheorie verstehen und meistern
Einführung in die Bindungstheorie
Grundlagen nach Bowlby und Ainsworth
Die Bindungstheorie, entwickelt von Psychoanalytiker John Bowlby und weiter ausgebaut durch die Psychologin Mary Ainsworth, identifiziert vier verschiedene Bindungstypen: sicher, unsicher-vermeidend, unsicher-ambivalent und desorganisiert. Bowlby's Theorie revolutionierte das Verständnis der emotionalen Bindung zwischen Kindern und ihren Betreuungspersonen und hatte weitreichende Auswirkungen auf die Psychologie, die Pädagogik und die Kinderfürsorge.
Bowlby sagte, dass die Bindung zwischen Kind und Betreuungsperson ein biologisch verankertes Bedürfnis ist, das eine entscheidende Rolle für das Überleben und die Entwicklung des Kindes spielt. Er argumentierte, dass Kinder eine angeborene Neigung haben, enge Bindungen zu einigen wenigen Bezugspersonen aufzubauen, vorrangig zu ihren Eltern. Diese Bindungen helfen dem Kind, sich sicher und geschützt zu fühlen, was für seine emotionale und soziale Entwicklung unerlässlich ist.
Laut Bowlby durchlaufen Kinder in der Entwicklung ihrer Bindungen typischerweise vier Phasen:
Vorphase der Bindung (Geburt bis 3 Monate): In dieser Zeit reagieren Säuglinge instinktiv auf Menschen und zeigen Vorlieben für bestimmte Personen, vor allem durch Lächeln, Weinen und andere Signale, um Aufmerksamkeit und Fürsorge zu erhalten.
Entstehung der Bindung (3 bis 6 Monate): Kinder beginnen, vertraute Personen von Fremden zu unterscheiden und zeigen deutliche Präferenzen für ihre Hauptbetreuungspersonen.
Selektive Bindung (ab 6 Monaten): Kinder entwickeln starke emotionale Bindungen zu spezifischen Betreuungspersonen, was sich in Verhaltensweisen wie Trennungsangst zeigt, wenn diese Personen nicht anwesend sind.
Bildung reziproker Beziehungen (ab 2 Jahren): Mit zunehmendem Alter und kognitiver Entwicklung beginnen Kinder, die Gefühle und Absichten anderer zu verstehen und passen ihr Bindungsverhalten entsprechend an.
Bowlby betonte auch die Bedeutung einer "sicheren Basis", die es dem Kind ermöglicht, die Welt zu erkunden und gleichzeitig sicher zu sein, dass es zu seiner Betreuungsperson zurückkehren kann, wenn es Unterstützung oder Schutz benötigt. Er glaubte, dass die Qualität der Bindung in der Kindheit einen tiefgreifenden Einfluss auf die emotionale Entwicklung und die Fähigkeit hat, im Erwachsenenalter gesunde Beziehungen zu führen.
Mary Ainsworth, eine kanadisch-amerikanische Entwicklungspsychologin, war eine enge Mitarbeiterin von John Bowlby und spielte eine entscheidende Rolle bei der Weiterentwicklung und empirischen Untermauerung der Bindungstheorie. Ihre Arbeit in den 1960er und 1970er Jahren führte zur Entwicklung des "Fremde Situation Tests", einem experimentellen Verfahren, das dazu diente, die Natur der Bindungsbeziehung zwischen einem Kind und seiner Betreuungsperson zu untersuchen.
Ainsworth baute auf Bowlbys grundlegenden Ideen auf und erweiterte sie, indem sie die Qualität und das Verhalten von Bindungen in der frühen Kindheit genauer untersuchte. Ihre Forschungen führten zur Identifizierung von drei Hauptbindungsstilen bei Kindern: sicher, ängstlich-ambivalent (oder unsicher-ambivalent) und vermeidend (oder unsicher-vermeidend). Später wurde ein vierter Stil, desorganisiert/desorientiert, durch weitere Forschungen hinzugefügt.
Kinder im „Fremde Situation Test“
Der "Fremde Situation Test" ist ein strukturiertes Beobachtungsverfahren, das entwickelt wurde, um die Reaktionen von Kleinkindern auf eine Reihe von Situationen zu beobachten, die Trennung von und Wiedervereinigung mit der Betreuungsperson sowie die Anwesenheit einer fremden Person beinhalten. Der Test besteht typischerweise aus acht kurzen Episoden, in denen das Kind zunächst mit der Betreuungsperson in einem Spielzimmer gelassen wird, dann allein, später mit einer fremden Person und schließlich wieder allein und mit der Betreuungsperson.
Ergebnisse und Bindungsstile
Ainsworths Forschung durch den "Fremde Situation Test" führte zur Identifikation folgender Bindungsstile:
Sicher gebundene Kinder zeigten Kummer, wenn die Betreuungsperson den Raum verließ, aber ließen sich bei der Rückkehr trösten und nahmen ihre Erkundungen wieder auf. Sie nutzten die Betreuungsperson als sichere Basis für die Erkundung ihrer Umgebung.
Ängstlich-ambivalent gebundene Kinder waren bei Trennung extrem gestresst und fanden bei der Rückkehr der Betreuungsperson schwer Trost. Sie zeigten widersprüchliche Verhaltensweisen, klammerten sich an und widerstanden gleichzeitig dem Kontakt.
Vermeidend gebundene Kinder zeigten wenig Stress bei der Trennung und mieden die Betreuungsperson bei der Rückkehr, manchmal wendeten sie sich sogar der fremden Person zu.
Desorganisiert/desorientiert gebundene Kinder (hinzugefügt durch spätere Forschungen) zeigten ein widersprüchliches, unvorhersehbares Verhalten, das auf keine klare Strategie im Umgang mit der Trennung oder Wiedervereinigung hindeutete.
Ainsworths Arbeit lieferte wertvolle Einblicke in die Komplexität der frühkindlichen Bindung und die Rolle der Betreuungsperson als sichere Basis. Ihre Forschung unterstrich die Bedeutung der Qualität der Betreuung und der emotionalen Verfügbarkeit der Betreuungspersonen für die Entwicklung eines gesunden Bindungsstils.
Wie verschiedene Bindungstypen entstehen
Was heute unter Bindungstypen oder Bindungsmuster verstanden wird ist genau genommen eine Anpassung des Kindes an die Umgebung. Eine Abwehrstrategie gegen die Unzulänglichkeiten, die es erlebt hat. Sie verfolgt das Kind sein Leben lang, mit der Aufgabe sein Überleben zu sichern.
Die frühklinlliche Erziehung und Sozialisation prägen uns für unser gesamtes Leben. Dabei sind lernen die Kinder im Alter von bis zu 7 Jahren ihr Bindungsverhalten. Unterschiedliche Bindungstypen resultieren aus unteschiedlichen Erfahrungen in der Beziehung zwischen einem Kind und seinen Bezugspersonen. So prägen Bedürfnisbefriedigung, emotionale und körperliche Versorgung sowie der Umgang mit den Freiheitsbestrebungen das Verhalten des Kindes. Ist in einem dieser Bereiche eine Störung eingetreten, führt das zu einer Fehlanpassung im Verhalten, das bis ins Erwachsenenalter seine Wirkung zeigt und sogar psychische Erkrankungen hervorrufen kann.
Deswegen ist es so wichtig als erwachsene Person sich die Voraussetzungen in der eigenen Kindheit zu betrachten, um sich besser zu verstehen und ändern zu können.
Entstehung sichere Bindung
Wir durchlaufen verschiedene Entwicklungsstufen in den ersten sieben Lebensjahren. Wenn in dieser prägenden Zeit die Bindungsperson in der Lage war, uns ausreichend zu begleiten, das heißt uns umfänglich zu versorgen, unsere Bedürfnisse zu erkennen und uns Aufmerksamkeit zu schenken, war die Entwicklnung ungestört. Es entsteht eine sichere kindliche Bindung.
Bindung einzugehen ist die erste überlebensichtige Aufgabe eines Neugeborenen. Es schreit und greift und stellt damit sicher, dass alle Bedürfnisse gestillt wurden. Damit erlangt es ein Gefühl von Sicherheit. Dieses Gefühl ist der Grundton für sein restliches Leben, eine Blaupause für seine Reaktionen auf alle Lebenslagen.
Entstehung unsicherer Bindungsstil
Ein Kleinkind sehnt sich nach dem vorgeburtlichen Zustand entspannter Freude, Wärme und dem Gefühl, dass für alles gesorgt ist. Es versucht den Zustand so gut es kann wieder herzustellen. So wie Mutter und Vater es behandeln, so prägt sich das Selbstbild des Kindes. Je nachdem, wie die Bezugspersonen auf seine Bedürfnisse eingehen. Bewältigt es eine unzureichende Situation indem es seine Reaktion übertreibt, entsteht ein klammerndes Verhalten.
Wenn das Kind sich nicht auf die Beständigkeit der Bezugsperson verlassen kann, weil sie manchmal liebevoll und manchmal wieder kalt und absend ist, wird das Kind zwanghaft anhänglich. Weil die Bezugsperson in einem Moment da ist und und im nächsten nicht, leidet die emotionale Beziehung und das Nervensystem des Kindes lernt ängstlich und klammernd zu sein.
In einer späteren Entwicklungsphase
Entstehung unsicher-ambivalenter Bindungsstil
Das Kind wird danach süchtig, die Aufmerksamkeit seiner Bezugspersonen einzufordern und gleichzeitig ist es wütend, dass seine Bedürfnisse nicht erfüllt werden. In diesem Wechselbad der Gefühle entwickelt das Kind eine ambivalente Abwehrstruktur. Es befindet sich in einem Dilemma Schmerz und Freude in Bezug auf die selbe Person zu empfinden.
Desweiteren resuliert ambivalentes Verhalten aus der Erfahrung von seiner Bezugsperson auf Entdeckungsreise zu gehen, bevor es dazu bereit ist. Ein Kind entwickelt bei sicherer Bindung ab dem 18 Lebensmonat den Drang, seine Umwelt zu explorieren. Dafür muss es sich in der Bindung sicher fühlen und wissen, dass die Bezugsperson da ist, wenn es zurückkehrt.
Wenn das Kind zurückkehrt und die Bezugsperson nicht da ist, bekommt das kind Angst. Es verharrt in der Anklage zwischen Wut über die Abwesenheit und Verlustangst.
Entstehung vermeidender Bindungsstil
Hier sind die Bezugspersonen ständig kalt, sie empfinden die Bedürfnisse des Kindes als Last und erziehen ein "unabhängiges" Kind. Dieses Kind meidet als emotionale Abwehr die Bindung, da es gelernt hat, dass alle Versuche in Bindung zu kommen in emotionalem Schmerz enden. Es lernt "Ich habe keine bedürfnisse".
Dieses Kind weint nicht, es macht einen zufriedenen Eindruck, wann ihmmer es Essen oder Aufmerksamkeit bekommt. Doch sein Nervensystem im inneren ist ständig unter Stress, denn die unterdrückten Bedürfnisse sind lebenswichtig.
Eine weitere Störung in der Anpassung kann entstehen, wenn die Bezugsperson übermäßig beschützend reagiert, das Kind kontrolliert und festhält. Wenn das Kind mit 18 Monaten sein Explorationsverhalten anfängt auszuleben, wird es von einer überfürsoglichen Bezugsperson davon zurückgehalten. Es passt sich dann an die Bedürfnisse der Bezugsperson an, löst sich aber emotional von ihr los.
Die Bedeutung von Bindungstypen und Auswirkungen im Erwachsenenalter
Wie wir hier sehen, zeigen Kinder, basierend auf der Sicherheit ihrer Bindung zu den Eltern, sehr unterschiedliche Verhaltensweisen. Aus diesen Beobachtungen entwickelte Ainsworth die Theorie der Bindungsstile. Diese kindlichen Bindungsmuster wurden später auf die Beziehungsdynamiken von Erwachsenen übertragen, wobei erkennbar wurde, dass diese Stile eben auch prägend für unsere Beziehungsführung im Erwachsenenalter sind.
Erwachsene mit einem sicheren Bindungsstil genießen in der Regel enge Beziehungen und besitzen ein tiefes Vertrauen in sich selbst und andere. Diejenigen, die in ihrer Kindheit Erfahrungen von unsicherer Bindung gesammelt haben, neigen im späteren Leben dazu, sich stark an ihre Partner zu binden oder Abhängigkeitsverhältnisse zu entwickeln.
Einige Kinder, die unsicher gebunden waren, wachsen zu Erwachsenen heran, die Nähe meiden und ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Distanz zeigen. Dies kann in einer Art Bindungsangst resultieren, bei der sie, um sich selbst zu schützen, ihr Bedürfnis nach Bindung minimieren: „Ich bin lieber allein, als enttäuscht zu werden.“
Manche bleiben dann tatsächlich ihr Leben lang alleinstehend oder finden sich in oberflächlichen Beziehungen wieder. Andere führen zwar Partnerschaften, halten sich aber emotional zurück und sind oft auch physisch abwesend.
Doch wie sehen diese Bindungstypen im Erwachsenenalter genau aus und wie wirken sie auf unsere Beziehungen?
Die 4 Bindungstypen im Erwachsenenalter und das Bindungsverhalten
Wie sehen die vier Bindungstypen im Detail aus, wie weiß ich, welchem Bindungstyp ich angehöre?
Sicherer Bindungstyp
Personen mit einem sicheren Bindungsstil gelten oft als die wahren Glückspilze in der Welt der Beziehungen. Sie sind in einem Umfeld aufgewachsen, das reich an positiven Bindungserfahrungen war, typischerweise gekennzeichnet durch ein liebevolles Zuhause und Bezugspersonen, die konstante Zuverlässigkeit und Unterstützung boten. Diese Individuen durften Geborgenheit, Schutz und unbedingte Liebe erfahren. Sie wurden in ihrer Einzigartigkeit gesehen, gefördert und ermutigt, ihre Persönlichkeit frei zu entfalten. Solche Erfahrungen münden in ein tief verwurzeltes Grundvertrauen.
Diese Menschen sind sich bewusst, dass sie wertvoll sind, so wie sie sind – Fehler inklusive. Dies geht Hand in Hand mit einem stabilen Selbstwertgefühl und einem robusten Selbstbewusstsein. Besonders hervorzuheben ist, dass Menschen mit sicherem Bindungsstil ein feines Gespür für ihre eigenen Emotionen und Bedürfnisse entwickeln.
Dank ihres inneren sicheren Fundaments fällt es ihnen leicht, anderen Vertrauen zu schenken, Freiräume zu gewähren, zu verzeihen und sich emotional zu öffnen. Sie verfügen über die Fähigkeit, klare Grenzen zu setzen und behalten auch in stürmischen Zeiten einen sicheren Halt in sich selbst. Selbst wenn Beziehungen einmal nicht den gewünschten Verlauf nehmen, tendieren sie dazu, gesunde und ausgeglichene Beziehungen zu führen, die ihnen Stabilität, Sinn und Freude im Leben verleihen.
Menschen mit einem sicheren Bindungsstil zeichnen sich durch eine positive Selbst- und Fremdwahrnehmung aus, können Nähe zulassen und empfinden ihre Partnerschaft als emotional unterstützend. Sie kommunizieren offen und ehrlich, ohne sich in Spielchen zu verlieren. Forschungen deuten darauf hin, dass etwa 50 Prozent der Bevölkerung einen sicheren Bindungsstil aufweisen. Aus meiner beruflichen Perspektive mag diese Zahl überraschend erscheinen, da ich überwiegend mit Klienten arbeite, die Beziehungsprobleme erleben. Sicher gebundene Personen können zwar ebenfalls Herausforderungen in Beziehungen erfahren, doch gehe ich davon aus, dass dies seltener der Fall ist.
Ängstlicher Bindungstyp
Personen mit einem ängstlichen Bindungsstil erleben oft eine innere Welt voller Unsicherheiten und Sorgen in Bezug auf ihre Beziehungen. Sie wuchsen möglicherweise in einem Umfeld auf, in dem die Verfügbarkeit und Aufmerksamkeit ihrer Bezugspersonen inkonsistent war, was zu einem tiefen Bedürfnis nach Bestätigung und Nähe in ihren erwachsenen Beziehungen führte. Diese Personen fürchten oft, verlassen oder zurückgewiesen zu werden, und können in Beziehungen übermäßig klammernd oder fordernd wirken.
Ihr ständiges Streben nach Sicherheit und Bestätigung kann zu einer hypersensiblen Wahrnehmung von Partnerreaktionen führen, wobei selbst kleine Anzeichen von Distanzierung oder Desinteresse große Angst auslösen können. Trotz dieser Herausforderungen besitzen Menschen mit einem ängstlichen Bindungsstil eine tiefe Sehnsucht nach intensiver emotionaler Verbindung und Partnerschaft.
Vermeidender Bindungsstil
Personen, die einem vermeidenden Bindungsstil zugeordnet werden, zeichnen sich oft durch eine scheinbare Unabhängigkeit und Selbstgenügsamkeit aus. Wir haben vorhin eruiert, dass sivermeidende im Laufe des Lebens gelernt haben, dass emotionale Nähe nicht immer belohnend ist und dass Eigenständigkeit und Distanzierung eher Schutz bieten. Häufig sind es Erfahrungen mit distanzierten oder emotional nicht verfügbaren Bezugspersonen, die dazu führen, dass diese Menschen sich im Erwachsenenalter eher zurückziehen, anstatt Unterstützung zu suchen oder zu bieten.
Sie neigen dazu, sich in Beziehungen emotional abzuschotten und eigenen Raum stark zu priorisieren. Gefühle und Bedürfnisse anderer, aber auch ihre eigenen, werden oft unterdrückt oder nicht offen kommuniziert, aus Angst vor Verletzlichkeit oder Abhängigkeit. Vermeidend gebundene Personen haben Schwierigkeiten, Vertrauen zu fassen und echte Intimität zuzulassen. Sie können zwar durchaus Beziehungen eingehen, doch bleiben oft auf einer oberflächlicheren Ebene, um sich selbst zu schützen.
Obwohl sie Partnerschaften weniger emotional unterstützend erleben und oft Konflikte durch Rückzug lösen, sehnen sie sich dennoch, wenn auch unbewusst, nach Nähe und Verbundenheit. Ihr Dilemma liegt darin, dass ihr Bedürfnis nach Autonomie mit dem Wunsch nach Zugehörigkeit konfligiert.
Ängstlich-vermeidender Bindungsstil oder Ambivalenter/Desorganisierter Bindungsstil
Die vierte Kategorie bilden Personen mit einem ambivalenten oder desorganisierten Bindungsstil. Sie haben meist eine chaotische und konfliktreiche Bindungsgeschichte, in der Sicherheit und Gefahr eng miteinander verknüpft waren. Die Bezugspersonen waren möglicherweise gleichzeitig Quelle von Trost und Angst, was zu tiefen Verwirrungen und einem unsteten Verhalten in Beziehungen führt.
Menschen mit diesem Bindungsstil kämpfen häufig mit einem Wechselbad der Gefühle. Sie können sehr anhänglich und gleichzeitig stark zurückweisend sein, was ihre Partner oft verunsichert und überfordert. Ihr Bindungsverhalten ist unvorhersehbar und kann von übertriebener Nähe zu plötzlichem, heftigem Rückzug wechseln. Diese Unbeständigkeit erschwert es ihnen, stabile und harmonische Beziehungen zu pflegen.
Oft steckt hinter diesem Bindungsstil eine Geschichte von Traumata und Verlust, die nicht aufgearbeitet wurde. Das führt dazu, dass diese Personen in emotionalen Beziehungen extreme Höhen und Tiefen erleben, da sie lernen mussten, mit widersprüchlichen Signalen ihrer Bezugspersonen umzugehen.
In der Partnerschaft suchen sie einerseits intensiv nach Sicherheit und Bestätigung, andererseits reagieren sie mit Distanzierung und Misstrauen, wenn Nähe entsteht. Die Herausforderung liegt darin, ein Gleichgewicht zwischen ihrem Bedürfnis nach Bindung und ihrem Bedürfnis nach Schutz vor emotionalen Verletzungen zu finden.
Spezielle Themen rund um Bindung
Bindungsstile und ADHS
Es gibt bereits Studien, die beobachten, dass es Zusammenhänge zwischen ADHS und den verschiedenen Bindungstypen gibt. Besonders interessant ist die Erkenntnis, dass eine sichere Bindung positiv auf die Entwicklung von Fähigkeiten wirkt, in denen Kinder mit ADHS typischerweise Schwierigkeiten zeigen, wie Aufmerksamkeitsspanne und Impulskontrolle. Die Forschung steht noch am Anfang, und es gibt bisher keine eindeutigen Ergebnisse darüber, ob und wie unsichere und desorganisierte Bindung sowie ADHS die Fähigkeit zur Emotionserkennung bei Kindern beeinflussen. Diese Studie ist ein wichtiger Schritt, um die Forschungslücke zu schließen und mehr Wissen für Familieninterventionen im Falle von ADHS zu generieren.
Die Leser, die sich fragen, ob ADHS etwas mit ihrem eigenen Bindungsverhalten zu tun hat, sollten wissen, dass die Beziehung zwischen Bindungsstilen und ADHS komplex ist und von vielen Faktoren beeinflusst wird. Es ist nicht so, dass einem bestimmten Bindungstyp ADHS zugeordnet werden kann. Vielmehr zeigt die Forschung, dass die Qualität der Bindung und die emotionale Erkennungsfähigkeit sowohl bei Kindern mit ADHS als auch bei ihren Eltern eine Rolle spielen könnten. Dies unterstreicht die Bedeutung einer sensiblen und unterstützenden Eltern-Kind-Beziehung, um die Entwicklung und das Wohlbefinden von Kindern mit ADHS zu fördern.
Bindungsstil in der Kennenlernphase
In der komplexen Welt der zwischenmenschlichen Beziehungen spielen die Bindungsstile, die wir in unserer frühesten Kindheit entwickeln, eine entscheidende Rolle. Besonders in der Kennenlernphase können diese Bindungsstile prägend für den Verlauf einer Beziehung sein. Unter den verschiedenen Bindungstypen, die die renommierte Psychologin Mary Ainsworth in ihren bahnbrechenden Studien identifiziert hat, finden sich auch die unsicher-vermeidende und die unsicher-ambivalente Bindung. Diese Bindungsstile können in der Kennenlernphase zu einzigartigen Herausforderungen führen.
Personen mit einem unsicher-vermeidenden Bindungsstil beim Dating
Sie tendieren dazu, emotionale Nähe und Verletzlichkeit zu meiden. Sie haben gelernt, ihre Bedürfnisse nach Nähe zu unterdrücken, um Enttäuschungen oder Zurückweisung zu vermeiden. In der Kennenlernphase können sie daher distanziert, selbstgenügsam und unabhängig wirken. Sie gehen davon aus, dass sie ihre Bedürfnisse am besten selbst erfüllen können und zeigen sich oft zögerlich, sich auf eine tiefere emotionale Verbindung einzulassen. Diese Haltung kann es für potenzielle Partner schwierig machen, die emotionale Mauer zu durchbrechen, die unsicher-vermeidende Personen um sich errichtet haben.
Personen mit einem unsicher-ambivalenten Bindungsstil beim Dating
Fallen in der Kennenlernphase oft durch ihre intensive Suche nach Nähe und Bestätigung. Ihre Kindheitserfahrungen haben sie gelehrt, dass die Verfügbarkeit und Aufmerksamkeit ihrer Bezugspersonen unvorhersehbar ist, was zu einer tiefen Unsicherheit in Beziehungen führt. Sie sehnen sich nach Nähe und Sicherheit, fürchten aber gleichzeitig, erneut verlassen oder zurückgewiesen zu werden. Diese ambivalente Haltung kann dazu führen, dass unsicher-ambivalent gebundene Personen in der Kennenlernphase besonders anhänglich oder fordernd erscheinen, was paradoxerweise das Risiko erhöht, dass ihr Partner sich zurückzieht.
Beide Bindungsstile – unsicher-vermeidend und unsicher-ambivalent – stellen spezifische Herausforderungen in der Kennenlernphase dar. Während unsicher-vermeidende Personen dazu neigen, sich emotional zurückzuziehen und Schwierigkeiten haben, sich zu öffnen, können unsicher-ambivalente Personen durch ihre intensive Suche nach Nähe und Bestätigung überwältigend wirken. Das Verständnis dieser Bindungsdynamiken ist entscheidend, um die eigenen Beziehungsmuster zu erkennen und zu verstehen. Indem wir uns unserer Bindungsstile bewusst werden, können wir an einer gesünderen und erfüllenderen Art der Beziehungsgestaltung arbeiten.
Personen mit einem sicheren Bindungsstil beim Dating
Sie eine bemerkenswerte Ausgeglichenheit und Offenheit mit. Diese Menschen, die in ihrer frühesten Entwicklung eine emotionale Beziehung zwischen einem Kind und seinen Bezugspersonen erfahren haben, die von Verständnis und Zuverlässigkeit geprägt war, wachsen oft zu Erwachsenen heran, die in der Lage sind, gesunde und erfüllende Beziehungen zu führen.
Beim Dating zeigen Personen mit einem sicheren Bindungsstil eine beeindruckende Fähigkeit zur emotionalen Offenheit und zur Kommunikation ihrer Bedürfnisse und Wünsche. Sie fürchten sich nicht vor Intimität oder Nähe, da ihre frühen Erfahrungen ihnen gezeigt haben, dass Beziehungen verlässliche Quellen für Liebe und Unterstützung sein können. Diese Sicherheit in der Bindung ermöglicht es ihnen, sowohl unabhängig als auch eng verbunden mit ihrem Partner zu sein, ohne dabei an Selbstständigkeit zu verlieren oder übermäßig klammernd zu wirken.
Im Gegensatz zu den unsicheren Bindungstypen, die in der Dating-Phase oft durch Angst vor Zurückweisung oder durch ein Bedürfnis nach übermäßiger Bestätigung gekennzeichnet sind, bewahren sich sicher gebundene Personen eine gesunde Balance. Sie sind in der Lage, Konflikte konstruktiv anzugehen und sehen diese nicht als bedrohlich für die Beziehung an. Stattdessen nutzen sie Konflikte als Gelegenheit, die Beziehung zu stärken und zu vertiefen.
Mary Ainsworth hat durch ihre "Strange Situation"-Studie gezeigt, dass Kinder mit sicherer Bindung bei der Rückkehr der Mutter positive Reaktionen zeigen, was auf eine starke und gesunde Bindung hinweist. Diese Kinder, die zu unterschiedlichen Bezugspersonen eine sichere Bindung zeigen, wachsen zu Erwachsenen heran, die in der Lage sind, Vertrauen zu schenken und zu empfangen, was eine grundlegende Voraussetzung für erfolgreiche romantische Beziehungen ist.
Darüber hinaus gibt die Bindungstheorie nach Bowlby und Ainsworth wertvolle Einblicke in die Bedeutung der kindlichen Bindung für die psychische Stabilität im Erwachsenenalter. Personen mit einem sicheren Bindungsstil verstehen es, eine Balance zwischen Bindung und Autonomie zu halten, was sie zu empathischen, verständnisvollen und unterstützenden Partnern macht. Sie erkennen die Bedeutung von Beziehung und Bindung und sind in der Lage, sowohl ihre eigenen Bedürfnisse als auch die ihres Partners zu erkennen und darauf einzugehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Personen mit einem sicheren Bindungsstil beim Dating eine Reihe von Stärken aufweisen, die aus ihrer Fähigkeit resultieren, offene und ehrliche Beziehungen zu führen. Ihre frühen positiven Erfahrungen mit Bindung und psychischer Stabilität ermöglichen es ihnen, liebevolle und dauerhafte Beziehungen zu etablieren, die auf gegenseitigem Vertrauen, Respekt und Verständnis basieren.